Montag, 22. Februar 2010

Götter und Dämonen

Geister und Dämonen

Als ich heute Morgen auf Bali erwachte, herrschte eine unglaubliche Stille. Ich genoss das Rauschen des Meeres, das Gezwitscher der Vögel und selbst die sonst immer störenden Hühner schien man kaum wahrzunehmen. Kein Verkehrslärm, keine Maschine störte dieses Idyll und ich dachte, so friedlich musste Bali früher einmal gewesen sein! Ein einziges Fest für die Augen und Ohren, eine grüne Landschaft und nur die Tiere sind zu hören, und ich danke diesem Fest Nyepi, das mir diese Ruhe beschert, die sich bis in mein Inneres ausbreitet und mir diesen wunderbaren entspannten Tag der Stille schenkt! Zwischen Himmel und Erde schwirren grellbunte Schmetterlinge, exotische Vögel singen ihr Lied vor leuchtend roten riesigen Hibiskusblüten, und feurig leuchtenden bunten Bougainvillea Blüten. Zwischen Mensch und Natur, zwischen Göttern und Dämonen scheint es eine unglaubliche Ausgeglichenheit zu geben, die uns Beobachter erstaunen lässt und über die ich hier berichten möchte.
Jede Aktivität ist heute an Nyepi, dem Tag der Stille, verboten. Niemand darf heute herumfahren und auch möglichst nicht auf die Straße gehen. Wird man in Amed auf der Straße angetroffen, so zahlt der erwischte Balinese bis zu 500.000 Indonesische Rupiah, was einem Monatslohn entspricht. Heute dürfen die Balinesen weder kochen, noch Licht machen. Der Tag soll ihnen zur Ruhe, inneren Einkehr und Meditation dienen. Die Geschäfte bleiben geschlossen.
Nyepi ist ein altes balinesisches Fest der Hindus und wenn es heute auch von vielen aus anderen Gründen als sehr positiv gesehen wird, weil die Natur einen Tag zum Durchatmen ohne jeglichen Verkehr und Umweltverschmutzung erfährt, so basiert das Fest doch auf diesem alten Glauben.
Die Hindus hoffen, dass die verängstigten Dämonen, die gestern am Ogah Ogah Fest die Insel verängstigt verlassen haben, weil die bösen Götter gestern symbolisch unter viel Lärm und Hurrah von den Balinesen verbrannt wurden, nicht mehr nach Bali zurück kehren, da die Insel heute am Silent Day (Nyepi) für die Dämonen unbewohnt erscheint. Fliegt einer dieser bösen Götter heute über die Insel so denkt er, „oh, die Balinesen sind geflohen“ und der böse Dämon zieht von dannen. Auf Bali, so glauben die Balinesen ganz fest, hat der Glück, der die Seelen der Dämonen durch Opfer und Rituale gnädig stimmt und das Wohlwollen der guten Geister und Götter auf seiner Seite hat. Bevor der indisch geprägte Hinduismus durch die Immigration der javanischen Intellektuellen nach Bali kam und eine neue Kulturepoche einleitete, war unter den Ureinwohnern Balis der Animismus weit verbreitet und findet auch heute noch seine Platz im hinduistischen Glauben der Balinesen. Das lateinische Wort „anima“ bedeutet Seele und somit glauben die Balinesen auch heute noch an die Beseeltheit der Natur. Dazu gehören nicht nur die Tiere, sondern auch das Wasser, bestimmte große oder einflussreiche Steine, das Feuer, der Wind usw. sondern vor allem auch die Geister, deren Seelen sich positiv oder negativ auf die Balinesen auswirken kann. Also finden wir neben dem Hinduismus noch eine Form der Naturreligion vor, die von den Balinesen perfekt in ihren hinduistischen Glauben mit integriert worden ist.
Auf Bali sind die Menschen und ihre Götterwelt noch untrennbar miteinander verbunden und sie stehen in ständigem Kontakt mit ihren Göttern und sind gleichzeitig auch von böswilligen Dämonen umgeben, die es durch Opfergaben zu beruhigen gilt. Die Balinesen verstehen diese Götterwelt ganzheitlich. Ohne Böses kann es nichts Gutes geben, aber beide Kräfte müssen miteinander im Ausgleich stehen, um zu verhindern, dass die böse Seite die Oberhand gewinnt. Dieser Dualistische Ansatz soll in Balance gehalten werden und dazu dienen die beiden Feste Ogah Ogah und Nyepi, aber auch die täglich dargebotenen kleinen liebevoll zubereiteten Opfergaben, die jeder Haushalt jeden Tag auf den Boden legt, wo sich die bösen Dämonen ja bekanntlich aufhalten. Diese kleinen täglichen Opfergaben enthalten zumeist ein wenig Reis, Früchte und Blüten. Aber auch die Feste, die in den letzten Tagen hier stattgefunden haben und mit großen Opferzeremonien verbunden waren, tragen dazu bei, die Balance zwischen Göttern und Dämonen wieder herzustellen. Die Opferdarreichungen sind für die Buta-Kalas, die bösen Geister bestimmt, die sich nach dem balinesischen Glauben vor allem auf dem Boden aufhalten und daher werden sie täglich mit kleinen Opfergaben beruhigt und zufrieden gestellt und die bösen Geister daran hindern in das eigentliche Wohnhaus einzudringen.
Diese Woche fanden eine Reihe von exotisch anmutenden Ritualen statt, die von farbenfroh gekleideten und fröhlichen Balinesen praktiziert wurden.
Einmal im Jahr am Ende des balinesischen Saka Jahres werden die so genannten Bhuta Yadnaya Riten vollzogen.
Bei der Melasti Prozession sind wir von Culik aus nach Amed ans Meer gelaufen und die Tempelgemeinschaften haben ihre kleinen hölzernen Tempelschreine und Statuen in denen die Götter Platz nehmen, wenn sie zu den jeweiligen Tempelfesten von den Dorfbewohnern eingeladen werden, ans Meer getragen. Diese kleinen Tempelschreine, die man Pratima nennt, mussten in einer rituellen Zeremonie am Meer gereinigt werden. Die Prozessionsteilnehmer tragen zum Zeichen der Reinigung weiße Kleidung und auch für die Teilnehmer dient dieser Prozess der inneren Reinigung und Vorbereitung auf Nyepi.
Gestern begann die Abschluss Zeremonie, die in dem Ogah Ogah Umzug endete, mit dem Gebet und den hierfür nötigen Opfergaben. Farbenfroh gekleidete und lustig schwatzende Balinesen kamen an der Kreuzung in Culik zusammen und versammelten sich dort zum gemeinsamen Gebet. Denn am letzten Tag des Saka Jahres werden in jedem Dorf spezielle Opfergaben für die Dämonen an der Hauptstraße oder Hauptkreuzung des Dorfes niedergelegt und gemeinsam wird mit den höchsten Dorfpriestern um Frieden gebetet. Zuvor tanzen noch die anmutigen jungen unschuldigen Legong Tänzerinnen ihren Tempeltanz und auch Barong tanzt für das Wohl der Dorfbewohner.
Der Barong ist ein Sammelname für ein mystisches Wesen, das zumeist in Tiergestalt auftritt. Hier in Culik tanzt für uns ein löwenähnliches Tier der so genannte Barong Ket. In dem Kostüm des Barong Löwen schwitzen zwei Männer, die jeweils die Vorder- und die Hinterbeine des Barong stellen und bei ihrem Tanz in Felle gekleidet sind.
Der Vordermann trägt gleichzeitig eine riesige Maske und lässt dabei deren Kiefer Furcht erregend gegeneinander klappern. Dem balinesischen Glauben nach besitzt ein Barong eine ungeheure magische Kraft, die sowohl für als auch gegen die Menschen gerichtet sein kann. Der falsche Mann unter der Maske, so glauben die Balinesen, und diese gewaltige Kraft kann sich gegen den Träger selbst und gegen die Dorfbewohner richten. Daher ist bei der Auswahl für die Balinesen äußerste Sorgfalt geboten.
Der Höhepunkt des Festes fand nach dem Gebet und den Opfergaben statt. 14 Banjars (Dorfgemeinschaften innerhalb des Ortes) haben jeweils ein erschreckendes Ogah Ogah-Monster aus Bambus, Holz und Pappmache gebaut. Fantasievolle, künstlerische Fabelgestalten zogen mit ihren jungen Trägern durch das Dorf. Im Zentrum beim Markt werden die Gestalten von ihren Trägern hin- und hergeschüttelt, und lärmend mit viel Gelächter gedreht und um den Dorfmittelpunkt getragen. Gamelanorchester, Fackeln, Feuerspucker, Gelächter, Geschrei und Feuerwerkskörper begleiten den lustigen Zug. Ziel ist es das Böse in den Ogah Ogah Figuren zu fangen, die Dämonen in diese hinein zu locken, um die Figuren -und damit alles Böse - am Ende auf dem Friedhof zu verbrennen.
Am nächsten Tag findet das Nyepi Fest statt. Hier beginnt das balinesische Neujahr. Ein Tag der Stille und Einkehr! Die Balance und Ganzheit des balinesischen Kosmos scheint damit wieder hergestellt zu sein.


Mehr Informationen lassen sich unter den Stichpunkten:
Kleine Kultur- und Tauchrundreise und
Große Kultur- und Tauchrundreise
von Amed Scuba in Bali finden




























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